Die Ersterwähnung

Abhandlungen über die Geschichte einer Ortschaft beginnen für gewöhnlich mit der ersten schriftlich bezeugten Erwähnung in einer Urkunde oder anderen historischen Quellen. Solche frühen Schriftzeugen gibt es freilich auch für Rodau – doch ist es nicht ganz einfach herauszufinden, welche Erwähnung tatsächlich die erste ist. So steht beispielsweise in einer Schenkungsurkunde vom 25. Februar 786, dass eine gewisse Aba den Mönchen des Klosters Lorsch ein Frauenkloster vermacht, das in der marcha Raodora am Fluss Rodaha liegt. Könnte ein solches Kloster nicht auf dem Rodauer Flurstück gestanden haben, das „Heiligenwinkel“ heißt? In derselben Urkunde wird außerdem die Schenkung weiterer Besitztümer in der Bellingure marka genannt, die an das nicht weit von Rodau entfernte Dorf Billings erinnert. Entsprechend identifizieren schon Keller (1778: 107) und Wagner (1829: 204) Rodau im Odenwald fälschlicherweise mit dem in der Urkunde erwähnten Raodora. Ein solches Frauenkloster lässt sich laut Kunz (1988) archäologisch nämlich nur in der Rödermark (Ober-Roden, Landkreis Offenbach) nachweisen, durch das der Fluss Rodau fließt. Die Bellinger Mark oder Bellingen ist eine nicht mehr existierende Ortschaft bei Dietzenbach. Nur rund 20 km nördlich von Rodau befinden sich also gleich vier sehr ähnliche Orts- bzw. Gewässernamen, auf die die Urkunde sich bezieht. Aber nicht nur nördlich, sondern auch rund 20 km südwestlich an der Bergstraße stellt sich das gleiche Problem: Das gleichnamige Dorf Rodau bei Zwingenberg wird durch seine unmittelbare Nähe zum Kloster Lorsch in Urkunden ebenfalls häufig – zum ersten Mal im Jahr 962 als Rod – erwähnt.

Die erste tatsächlich sicher auf Rodau im Odenwald bezogene Erwähnung steht in einer Urkunde aus dem Jahr 1398. Das bedeutet freilich nicht, dass die Siedlung erst zu diesem Zeitpunkt gegründet wurde. Ob und wie Schriftzeugnisse, die einen Namen erwähnen, bis in die heutige Zeit erhalten sind, beruht häufig auf Zufall. Der Zahn der Zeit oder Kriegswirren sorgen allzu oft dafür, dass Zeugnisse verloren gehen. Aufgrund der vergleichsweise schlechten Bodenverhältnisse ist von einer Besiedlung zwischen dem 9. und 12. Jahrhundert auszugehen. Im Urkundentext wird Rodau gleich zweimal genannt: 1. Die Brüder Konrad und Heinrich von Eulbach (Ulbach) erhalten von Graf Eberhard von Katzenelnbogen unter anderem den großen und kleinen Zehnten zu Rodau (den zehendin zu Roden groiß vnd cleyne) als Mannlehen. Die Rodauer mussten also Teile ihres Viehs, Getreides und weitere Abgaben an Konrad und Heinrich entrichten. 2. Außerdem hatte die Mutter von Konrad und Heinrich ein Lichtenberger Burglehen von Graf Eberhard, das unter anderem aus einem Baumgarten am Rodauer Weg (Roder wege) besteht.

Kunt sy, daz ich Conrait von Ulbach und Heinrich von Ulbach gebrudere und unß Erben zu Mannlehehin han soliche gut als hernach geschrieben stait, mit namen waß wir han zu Rynheim vnd yn der marcke daselbis, vß genommen waz wir han zu Ulbach, zu Wendebach, zu Hirchinroden, zu Wasenbach, zu Rorbach, zu Brandahe, vnd darzu den zehendin zu Roden groiß vnd cleyne mit allen zugehorden, diese vorgeschr. gut gent vnd ruren zu lehnen von Graue Ebirhard zu Katzenelnbogen, die obgen. geluhin zu dieß zyt Graue Ebirhard vorg.
So sint diese nochgeschr. gut eyn burglehin zu Lichtinberg, daz vnß beider mutter entpfangen hait vnd auch von yme zu lehene geit vnd ist daz burglehin besomet von stucke zu stucke uff. x. phunt heller geldes Jerlichin vnd x. malder fruchte geldes koren vnd habern yelichis halp, Item eyn baumgarten an den Roder wege, eynen baumgarten by der cleynen lynden, Eynen baumgarten, der heischit der kalben garten vnder der lenemuren, die hane wiese vnd der Acker daby. Dat. a. d. M.CCC.LXXXXVIII, in die Agnetis virg.

Transkript der Urkunde vom 21. Januar 1398

Verwendete Quellen
  • Baur, Ludwig (1860): Hessische Urkunden. Aus dem Grossherzoglich-Hessischen Haus- und Staatsarchive. Bd. 1. Darmstadt: Historischer Verein für das Großherzogtum Hessen.
  • Kremer, Christoph J. (1778): Geschichte des Rheinischen Franziens unter den Merovingischen und Karolingischen Königen bis in das Jahr 843. Mannheim: Hof- und Akademiebuchdruckerei.
  • Köhler, Diethard (1987): Rodau im 18. Jahrhundert. In: 1200 Jahre Groß-Bieberau. Beiträge zu seiner Geschichte, 311–328. Groß-Bieberau: Magistrat der Stadt.
  • Kunz, Rudolf (1988): In Rodau stand kein Kloster. Ende einer Legende. In: Odenwälder Quartalblätter 4, 136–140.
  • Megler, Willi (1959): Geschichte von Rodau. In: Der Odenwald. Zeitschrift des Breuberg-Bundes 6(1), .
  • Wagner, Georg W. J. (1829): Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen. Erster Band: Provinz Starkenburg. Darmstadt: Leske.

von Philipp Rauth